Egon Schiele (1890-1918 )
Schieles frühe Arbeiten standen unter dem starken Einfluss von Gustav Klimt, dem er persönlich begegnete und der ihn förderte. Doch schon bald ging Schiele eigene Wege. Mit nur 20 Jahren gründete er die „Neukunstgruppe“, mit der er sich bewusst gegen die konservativen Strukturen der Akademie stellte. In seinen Porträts, Selbstbildnissen und Aktdarstellungen lotete er mit ungeschönter Direktheit menschliche Verletzlichkeit, Sexualität und existentielle Themen aus – für damalige Verhältnisse revolutionär und oft skandalträchtig. Besonders seine Darstellungen weiblicher Akte und Jugendlicher stießen in der bürgerlichen Gesellschaft auf Ablehnung und führten 1912 sogar zu einer kurzen Inhaftierung.
Trotz öffentlicher Kritik fand Schiele bald Anerkennung im Kreis moderner Kunstsammler und Galeristen. Er nahm an zahlreichen Ausstellungen teil, darunter 1918 an der legendären Wiener Secessionsausstellung, bei der ihm ein eigener Saal gewidmet wurde. Seine Werke zeichnen sich durch eine markante Formensprache, reduzierte Kompositionen und eine symbolhafte Farbgebung aus. Zentral in seinem Werk sind Themen wie Vergänglichkeit, Identität, Erotik und Tod – oft dargestellt in einer Mischung aus Fragilität und innerer Intensität.
Neben seinen Zeichnungen und Aquarellen schuf Schiele auch bedeutende Ölgemälde, die bis heute in internationalen Museen ausgestellt sind, darunter im Leopold Museum Wien, im Belvedere oder im Museum of Modern Art in New York. Trotz seines kurzen Lebenswerks hinterließ er ein umfangreiches Œuvre mit über 300 Gemälden und rund 3.000 Zeichnungen. Im Oktober 1918 starb Egon Schiele im Alter von nur 28 Jahren während der Spanischen Grippe – nur drei Tage nach dem Tod seiner schwangeren Frau Edith.
Heute gilt Egon Schiele als einer der wichtigsten Vertreter der österreichischen Kunstgeschichte, als Wegbereiter der Moderne und als radikaler Erneuerer des figürlichen Ausdrucks. Seine Werke sind weltweit gefragt, seine Bildsprache bleibt bis heute unverkennbar und zeitlos kraftvoll.