François Bocion (1828–1890 )
Seinen künstlerischen Weg begann François Bocion mit zeichnerischer Ausbildung bei Christian-Gottlieb Steinlen in Vevey, später bei François Bonnet in Lausanne. Ab 1845 reiste er nach Paris, um in den Ateliers von Louis-Aimé Grosclaude und Charles Gleyre zu lernen – dort knüpfte er auch Kontakte zu Gustave Courbet und anderen Westschweizer Künstlern. Nach einem schweren Fieber kehrte er um 1847/48 nach Lausanne zurück und begann seine Laufbahn als Zeichenlehrer an der École industrielle de Lausanne, wo er bis zu seinem Tod tätig war.
Bereits ab 1851 veröffentlichte Bocion satirische Zeichnungen in der Lausanner Zeitschrift La Guêpe – ein Ausdruck seines vielseitigen Talents. Gleichzeitig engagierte er sich künstlerisch in der Société suisse des beaux-arts, stellte seine Arbeiten aus und gewann 1859 mit dem Historiengemälde La Bataille de Morgarten den ersten Preis beim Concours genevois; es folgten weitere Auszeichnungen und Medaillen, unter anderem bei Weltausstellungen in Wien (1873) und Antwerpen (1885).
Bocion reiste häufig nach Italien – nach Rom, Venedig, Neapel und San Remo – und lies sich durch die dortige Licht- und Farbgebung stark inspirieren. Doch sein künstlerisches Herz blieb beim Lac Léman: Er wurde berühmt als der „Maler des Genfersees“, denn er liebte die Pleinair-Malerei, also das Malen im Freien, mit klarer Lichtwirkung und heller Palette, vergleichbar mit den Macchiaioli, Boudin oder frühen Impressionisten.
Typisch für seine bilderreiche Laufbahn sind Werke wie Bocion et sa famille à la pêche (1877), das seinen eigenen Platz an Bord mit Frau und Kindern zeigt – eine Mischung aus Genre, Landschaft und feiner Beobachtung des Leman-Sees, ganz nah am Alltag des Künstlers. Auch seine Stimmungen und Details findet man in Gemälden wie Filets et pêcheurs (ca. 1877), mit atmosphärischer Stimmung und meisterhafter Lichtwirkung, sowie Lac et pêcheurs (1885), das zunehmend den See selbst – ohne Menschen – fokussiert und atmosphärisch Corot heraufbeschwört
Seine künstlerische Entwicklung zeigt eine deutliche Annäherung an den Pleinair-Stil – die Natur wurde zum Hauptmotiv, die Technik leichter, die Formen klarer, die Farben gereinigter.
Zusätzlich zu seinem Werk als Maler war Bocion auch als Kunstpädagoge und Kunstfunktionär aktiv. Ab 1888 war er Mitglied der Eidgenössischen Kunstkommission und zeigte tiefe Verwurzelung in der Luzerner, Lausanner und Genfer Kunstszene.
Nach seinem Tod 1890 hinterließ Bocion ein reiches Œuvre, das heute in wichtigen Museen wie dem Musée historique Lausanne, dem Musée cantonal des Beaux-Arts in Lausanne und dem Musée des Beaux-Arts de Strasbourg zu sehen ist.