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Marius Borgeaud (Lausanne 1861 - 1924 Paris)

Zu den verkauften Werken
Marius Étienne François Borgeaud wurde am 21. Januar 1861 in Lausanne in eine wohlhabende, großbürgerliche Familie geboren. Sein Vater, Charles Eugène Louis, war ein vermögender Immobilienbesitzer. Durch Verbindungen zur Familie Vallotton – unter anderem über seinen Urgroßonkel und Paul Vallotton, Kunsthändler in Lausanne – gehörte Borgeaud zum Netz der Kunstförderer der Region.

Frühe Jahre: Erbe, Banklehre, Neuanfang in Paris

Nach einer Ausbildung im Bankwesen in Marseille erbte Borgeaud 1889, nach dem Tod seines Vaters, ein beträchtliches Vermögen. Er zog nach Paris, wo er sein Erbe aufbrauchte und vermutlich als autodidaktischer Maler begann. Um 1900 ließ er sich am Bodensee kurieren und blieb später unter der Vormundschaft seines Cousins Auguste Regamey.

Künstlerische Ausbildung und erste Motive

Er entschied sich für eine Künstlerkarriere und besuchte in Paris die Malerei-Ateliers von Fernand Cormon und Ferdinand Humbert. In dieser Zeit lernte er Persönlichkeiten wie Francis Picabia und zwei Söhne von Camille Pissarro kennen. Gemeinsam bereisten sie die Region Seine-et-Marne, das Poitou und die Bretagne, wo Borgeaud zwischen 1904 und 1908 unter anderem in Moret-sur-Loing arbeitete – oft zusammen mit seinem Schweizer Landsmann Édouard Morerod.

Bretagne: Lebensraum und künstlerisches Zentrum

Im März 1908 entdeckte er die Bretagne: zuerst Quimperlé, dann den Hafenort Locquirec im Finistère. Zwischen 1910 und 1913 verbrachte er regelmäßig Zeit in Rochefort‑en‑Terre (Morbihan), logierte im Künstlerhotel Lecadre, und schuf intensive Innen- und Außenkompositionen. Dabei zeigte er sich zwar fasziniert von lokalen Szenen – Cafés, Rathäuser, Apotheken –, vermied jedoch touristische Klischees.

Ausstellungen & Anerkennung

  • 1908–1909: Teilnahme an Pariser Salons (Salon d’Automne, Salon des Indépendants), sowie erstmals in seiner Heimat beim Salon des Cahiers vaudois in Lausanne.
  • 1913: Kurzer Aufenthalt in Sevilla, danach wegen des Kriegsbeginns Rückkehr in die Schweiz.
  • 1915: Rückkehr nach Paris, gefolgt von Aufenthalten in der Bretagne; Ausstellungen in Genf und Lausanne; Anerkennung durch Kritiker wie André Salmon, Louis Vauxcelles und Adolphe Tabarant. Erste Stillleben entstehen.
  • 1916–1924: Letzte Pariser Jahre (u. a. Galerie Druet), staatliche Ankäufe durch Frankreich (1920) und Belgien, Umzug nach Finistère (Le Faouët, später Audierne), Heirat mit Madeleine Gascoin (1923) und letzte Ausstellung bei Jacques Rodrigues‑Henriques (1924).

Tod und postumes Werk

Marius Borgeaud starb am 3. Juli 1924 in Audierne. Kurz nach seinem Tod wurden 25 seiner Bilder im Salon d’Automne ausgestellt. 1926 folgte eine posthume Ausstellung in der Galerie Druet und beim Salon des Indépendants.

Stil, Reifung und künstlerische Ausrichtung

Borgeaud begann spät – erst um das 40. Lebensjahr – ernsthaft als Künstler zu arbeiten. Seine Entwicklung markiert um 1908 den Übergang von impressionistischen Landschaften (Moret-sur-Loing, Angles-sur-l’Anglin) zu bretonischen Interieurs, seinem reifen Stil. Er wandte sich populären und naiven Motiven zu – beeinflusst von Pissarro, Vallotton und dem Douanier Rousseau – und integrierte patriotische Druckgrafiken des Ersten Weltkriegs in seine Kompositionen. Mit flächiger Farbgebung und absichtlicher „Naivität“ porträtierte er das ländliche Bürgertum in alltäglichen Momenten – ohne radikale Abkehr von den Künstlerbewegungen der Zeit.