Otto Mueller (1874-1930 )
Zu den verkauften WerkenFrühe Jahre und künstlerische Ausbildung
Geboren in Schlesien als Sohn eines Steuerbeamten, wuchs Otto Mueller in Görlitz auf. Nach dem Abbruch des Gymnasiums absolvierte er von 1890 bis 1894 eine Lithografenlehre und studierte anschließend an der Kunstakademie Dresden. Später zog er nach München, wo er zwar an der Akademie angenommen wurde, sein Studium aber aus künstlerischen Überzeugungen abbrach und fortan autodidaktisch arbeitete. In dieser Phase beeinflussten ihn vor allem Hans von Marées und Arnold Böcklin.
Künstlerische Entwicklung und Mitgliedschaft in der „Brücke“
Nach mehreren Zwischenstationen zog Mueller 1908 nach Berlin, wo er sich vom Einfluss des Bildhauers Wilhelm Lehmbruck inspirieren ließ. Seine charakteristischen schlanken Mädchengestalten, oft in Leimfarben ausgeführt, wurden zu einem zentralen Motiv seines Werkes. Da seine Bewerbung bei der Berliner Secession abgelehnt wurde, gründete er 1910 mit anderen Künstlern die Neue Secession. Im gleichen Jahr kam er in Kontakt mit der Künstlergruppe „Brücke“, der er bis zu deren Auflösung 1913 angehörte.
Muellers Brücke-Periode zeichnet sich durch eine gedämpfte Farbgebung und eine lyrisch-dekorative Bildsprache aus. Seine Werke dieser Zeit stehen den anderen Brücke-Künstlern wie Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel stilistisch nahe, wobei Mueller eine besondere Poesie und Stille in seine Bilder legte.
Themen und Stil: Mensch und Natur im Einklang
Muellers zentrales künstlerisches Thema war die Einheit von Mensch und Natur. Immer wieder stellte er Aktfiguren in unberührten Landschaften dar – häufig inspiriert von Szenen aus dem Zigeunerleben. Diese Darstellungen besitzen eine meditative Tiefe, sind zugleich sinnlich und archaisch. Besonders bekannt ist seine „Zigeuner-Mappe“ (1927), ein Zyklus von zehn farbigen Lithografien, der zu den Höhepunkten seines Schaffens zählt.
Spätwerk und Reisen
Ab 1919 war Otto Mueller Professor an der Breslauer Akademie für Kunst und Kunstgewerbe. Hier lehrte er frei von akademischen Konventionen und war Teil der Breslauer Künstlerbohème. In den 1920er Jahren reiste er mehrfach nach Dalmatien, Rumänien und Bulgarien, wo er längere Zeit in Roma-Dörfern lebte. Diese Erfahrungen flossen intensiv in sein Werk ein.
Muellers späte Arbeiten (1927–1930) gelten als seine reifste Schaffensperiode, in der seine charakteristische Formsprache eine neue Leichtigkeit und poetische Kraft gewann. Seine letzte Lebensgefährtin, Elfriede Timm, wurde zur Muse und Inspirationsquelle seiner späten Aktbilder.
Tod und postume Rezeption
Otto Mueller starb 1930 an Lungentuberkulose in einer Klinik nahe Breslau. Wenige Jahre später, 1937, wurden 357 seiner Werke von den Nationalsozialisten als „Entartete Kunst“ beschlagnahmt – 13 davon wurden öffentlich diffamiert. Dennoch wurde sein Werk früh wiederentdeckt: Bereits 1955 war Mueller auf der ersten documenta in Kassel vertreten.